Das Glockenhaus
Das Glockenhaus (so benannt nach dem Glocken-Dachreiter) wurde um 1600 erbaut und ist ein Beispiel der frühen Landhauskultur im Hamburger Umland.
Wohlhabende Hamburger hatten sich im 17. und besonders im 18. Jahrhundert schmucke Landhäuser in den Marschlanden wie Billwerder, das seit 1395 zu Hamburg gehört, geschaffen.
Hier wurde ein bestehendes Bauerngehöft zur Straßenseite um einen landhausartigen Wohnteil erweitert. Dieses Landhaus ist ein zweigeschossiger Backsteinfachwerkbau auf einem quadratischen Grundriss mit einem steilen, pfannengedeckten Walmdach.
Die beiden Seitenfronten und die Vorderfront werden durch axial angeordnete, eingeschossige und spitzgiebelige Dacherker bekrönt. Der vordere Erker ist mit seitlichen Voluten verziert und hat einen viereckigen Glockenturm mit runder Kupferhaube. Unterhalb des Turmes ist im Giebeldreieck eine Uhr mit Schlagwerk vorhanden.
Die Vorderansicht ist zum Deich ausgerichtet und symmetrisch gegliedert. Im Obergeschoss ist mittig ein Balkon mit schmiedeeisernem Gitter und 2-flügeliger Balkontür angeordnet. Beidseitig des Balkons sind jeweils zwei Fenster. Im Erdgeschoss ist unterhalb des Balkons in der Hausmitte die zweiflügelige Haustür mit Glasfenstern. Rechts und links der Haustür sind ebenfalls jeweils zwei Fenster.
1605 kaufte der Hamburger Bürger Jacob Trocke dieses Anwesen. Ab 1678 war Peter Middeldorp neuer Eigentümer. Der Hamburger Oberalte Paridom Daniel Kern ließ zwischen 1779 und 1785 den Landhausteil umbauen. Der reetgedeckte Wirtschaftsteil brannte 1909 ab und wurde durch einen verkürzten Massivbau in einfacher Form ersetzt.
1972 wurde dieses Glockenhaus unter Denkmalschutz gestellt und es begannen die Instandsetzungsarbeiten. Über die Rekonstruktion und Neufassung der klassizistischen Periode im Inneren des Hauses berichtete der Restaurator Lothar Hoffmann Folgendes:
„Die Untersuchungen begannen am 23.10.1979 und waren am 20.12.1979 abgeschlossen. Die Aufgabenstellung war Feststellung der 1. Fassung (Farbigkeit und Ausmalung) im Ober- und Erdgeschoss”.
Auf den noch vorhandenen Resten der Stuckdecken, an den Wänden und an den Holzteilen wurden Freilegungsschnitte angelegt. Im Obergeschoss wurde die Holzdecke mit barocker Malerei freigelegt und aufwändig konserviert und restauriert. Diese Deckenbemalung stammt etwa aus dem Jahre 1630. Die Wände, Türen und Treppen im Obergeschoss stammen aus der Umbauperiode um 1780.
Die meisten Teile des originalen Wandputzes fehlten. Wo im Original noch vorhanden, waren sie stark beschädigt. Mangelnde Haftung auf dem Untergrund und überstrichen in fast allen Techniken und Materialien. Nach der Freilegung kam eine Ölmalerei von hoher, künstlerischer Qualität zu Tage. Die Auswertung der Freilegungen und Proben im Erdgeschoss waren ausreichend für eine Rekonstruktion der Raumdekorationen.
Diese Rekonstruktion geschah, im Erdgeschoss wie auch im Obergeschoss, in engster Anlehnung an die Befunde und Stilepoche, sowohl in Bezug auf die Farbtechnik als auch auf die Ausführung.
R.G. 2012
Glockenhaus um 1905 7)
Glockenhaus Herbst 2010 1)
Original-Wanddetail
im Zunftsaal 1)
Barocke Deckenornamente 2)